Erzieher als Rattenfänger?

Der Sage nach wurde in der Stadt Hameln ein Flötenspieler engagiert, um eine Rattenplage zu beseitigen. Die Hamelner wollten in ihm nur den Entsorger sehen. In ganz ähnliche Verhältnisse kann auch der Erzieher im Aufgabenfeld einer Kita geraten. Die Einladung und der Wunsch, an den Entgrenzungen der kindlichen Unbeschwertheit unmittelbar teilhaben zu können, bringen ihn in eine Situation in der das Begrenzen als Thema übermächtig wird. Kreative Ideen, wie das Aufräumen mit einem Singen zu verbinden, geraten schnell in den Verdacht, dem erzieherischen Auftrag nicht gerecht zu werden. Allzuvieles, was andrängt, muss ausgeklammert werden. An anderer Stelle meldet es sich dann aber ungefragt wieder zurück. So steigt das Potenzial des Unerwünschten. Der Erzieher sieht sich so zunehmend als jemand, der nur dazu da ist, das Störende zu beseitigen. Wie der Rattenfänger von Hameln, weiß er sich nicht in seinen Möglichkeiten gesehen und gewertschätzt. Der folgende Beitrag macht diese Zusammenhänge am Beispiel einer psychologisch begleiteten Führung einer Kitagruppe sichtbar.

Erfahrungen zur Arbeit und zur Haltung in einer Kitagruppe
Claudia Fiedler (Redaktion: Markus Buschkotte, Werner Mikus)

Im Zuge meiner Weiterbildung zum Projekt-Coach sind mir bestimmte Probleme bewusst geworden, die sich für die Gruppenleitung in einer Kindertagesstätte allgemein auftun. Ich ging davon aus, dass die Aufgabe einer solchen Gruppenleitung nur über eine Haltung zufriedenstellend bewältigt werden kann. Im Folgenden werde ich versuchen, die besondere Herausforderung einer solchen Arbeit (Gruppenleitung in einer Kita) am Beispiel meiner eigenen Erfahrung mit einem Bild in Zusammenhang zu bringen, dass sich mir unfreiwillig aufgedrängt hatte und mir in Bezug auf eine wünschenswerte Haltung zunächst als sehr unpassend erschien.

Im April 2017 habe ich in einer neuen Kindertagesstätte eine Stelle als Gruppenleiterin im Krippenbereich angetreten. Ich sah mich sofort konfrontiert mit einem Wust an Ansprüchen und Forderungen. Es handelte sich um einen städtischen Kindergarten, der von einer zweigruppigen Einrichtung auf eine viergruppige heranwachsen sollte. Zu diesem Zweck wurde zuvor ein neues Gebäude errichtet. Das stellte die Kindergartenleitung nicht nur vor die Herausforderung, die Kita mit Kindern zu füllen. Dies ist im Hinblick auf mangelnde Kita-Plätze schnell geschehen. Jedoch ausreichend qualifizierte Fachkräfte für die Einrichtung zu bekommen, ist ein weitaus größeres Problem. Es herrscht absoluter Fachkräftemangel. So fehlen in Deutschland 300.000 pädagogische Fachkräfte. Auch diese Einrichtung weist zwei offene Vollzeitstellen auf, von einem 14-köpfigen Team.

Um dieses Chaos wissend, trat ich diese Stelle an. Ich wollte dabei etwas lernen. Durch meine Weiterbildung, in der ich die Probleme meiner neuen Arbeit reflektieren konnte, wollte ich versuchen, anders an die Bewältigung der Probleme heranzugehen als über das Erwerben und Ausprobieren von Techniken und Kunstgriffen etwa. Ich wollte erfahren, wie man in Kontakt kommt mit den Herausforderungen und den Möglichkeiten dieser Aufgabenstellung „Gruppenleitung in der Kita“.

Die Erfahrungen, die ich mitbrachte,  gehen auf eine Kita-Einrichtung zurück, die nur aus einer Gruppe bestand und in der ich als Ergänzungskraft tätig war. Diese Einrichtung war gut strukturiert, harmonisch und von einem guten Arbeitsklima geprägt. Es gab keine nennenswerten Reibungspunkte.

Mit dem Rüstzeug von der Uni und mit dieser Erfahrung als Erfahrungsschatz bin ich an die Sache herangegangen. Zuvor, als Ergänzungskraft, konnte ich die Aufgaben einer Fachkraft erledigen und durfte Elterngespräche führen, Dokumentationen verfassen und Aufgabenbereiche selbstständig organisieren.

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